Bericht zur Gruppenreise 2016

Es ist heiss! Schön heiss! So richtig heiss! So richtig schön heiss!

Die Hitze sengt, die Luft flirrt, der Boden glüht, der Körper schwitzt, die Gedanken irren ziellos umher. Die Sonne brennt auf der Haut, sie brennt die kranken Stellen weg. Und das ist gut so. 

Ich bin in Jordanien, am Toten Meer, mehr als 400 Meter unter dem Meeresspiegel. Ein Ort mit geringerer UV-Strahlung und erhöhtem Sauerstoff- und Brom(!)gehalt. Ein Ort, an dem ich hoffe, meine Haut heilen zu können.

Seit meinem 6. Lebensjahr lebe ich mit der Diagnose Psoriasis. Im Laufe meines Lebens trat sie in einer Vielzahl von Erscheinungsformen auf, unterbrochen auch von langen, guten Zeiten, in denen ich völlig erscheinungsfrei war.

Seit einigen Jahren verfestigte sich die Hauterkrankung und wurde zunehmend schwer zu therapieren. Der Winter 2015/2016 setzte meiner Haut besonders zu. Dem ärztlichen Rat zu einer systemischen Therapie wollte ich jedoch noch nicht so schnell Folge leisten.

Bereits zwei Jahren zuvor verbrachte ich 10 Tage im paradiesischen En Gedi auf der israelischen Seite und konnte, nach einer anfänglichen Verschlechterung in der ersten Woche, sehen, wie sich das Hautbild Tag für Tag verblüffend schnell verbesserte. Klar war mir aber auch damals schon, dass 10 Tage zu kurz sind.

Im März 2016 entschloss ich mich zu einer weiteren Reise an das Tote Meer, diesmal nach Jordanien. Während ich nach Klimareisen und Hotels recherchierte, Angebote einholte und verglich, erinnerte ich mich vor Jahren einen Hinweis über eine Gruppenreise einer Selbsthilfegruppe auf der Webseite psoriasis-netz.de entdeckt zu haben. Gesucht, gefunden! Der Kontakt zu Margitta, der Gruppenleiterin, war unkompliziert und direkt über einen Anruf herzustellen: Ja, es gibt noch Plätze, die Entscheidung sollte aber nicht mehr lange warten. Reisebeginn war bereits in 5 Wochen. Außer mir würden noch zwei weitere Berlinerinnen mitreisen. Das hat mir sofort gut gefallen. Nach kurzer Bedenkzeit und mit dem unterschriebenen Urlaubsantrag in der Tasche buchte ich den dreiwöchigen Aufenthalt direkt bei Freimuth Reisen. Die Beratung war kompetent und das Angebot war das preislich günstigste. Margitta erteilte Tipps über externe Finanzierungsformen. So beantragte ich noch ein Gutachten beim Amtsarzt über die medizinische Notwendigkeit dieser Reise, um die Kosten zumindest von der Steuer absetzen zu können.

Am 14. Mai 2016 ging es los. Wir drei Berlinerinnen haben uns allerdings erst am Flughafen in Amman kennengelernt, denn keine von uns Großstädterinnen hat sich das mit den Reiseunterlagen mitgelieferte Namensschild angesteckt. Unserer sofortigen gegenseitigen Sympathie hat das keinen Abbruch getan.

Jordaniens - nach eigenen Angaben - zweitbester Fahrer fuhr uns innerhalb einer halben Stunde sehr zügig und im ständigen Kontakt mit der Außenwelt (Handy!) ins Hotel. Nach der Zuweisung unserer Zimmer, trafen wir bei einem kleinen Imbiss auf die Gruppe, die aus München angereist war. Die „Frankfurter“ waren noch nicht eingetroffen. Später erfuhren wir, dass sie im Wechsel hektisch nach verschollenen Gruppenmitgliedern und vermissten Koffern suchten und sich die Ankunft noch um Stunden verzögern sollte.

Am nächsten Morgen fanden sich alle zur Begrüßung ein, Margitta informierte uns über alles Wissenswerte und führte die Neulinge durch das Dead Sea Spa Hotel. Die Anlage war sauber und gepflegt, großzügig gestaltet und mit vielen hübschen und interessanten Grünpflanzen versehen.

Ich lernte die abgeschirmten Natursolarien kennen, die sich nach Geschlechtern getrennt über mehrere Liegedecks in Richtung Meer zogen und bald mein neues Zuhause werden sollten. Das Tote Meer ist von den Solarien aus über einen asphaltierten Weg erreichbar. Durch das Absinken des Meeresspiegels wird der Weg jedes Jahr etwas länger und ist auf Grund der integrierten Treppenstufen nicht barrierefrei.

Dann war Schluss mit lustig und ich musste ran an die Arbeit.

Arbeit, das hieß viele, viele, viele Stunden in der Sonne liegen. Die sonnenhungrigen Körperteile wurden gecremt, geschmiert, gefettet und geölt, der Sonne ausgesetzt, stellenweise abgedeckt und in regelmäßigen Abständen gewendet. In den ersten Tagen besteht durchaus die Gefahr sich durch ein Übermaß an Sonne einen Sonnenbrand zu holen. Das sollte auf alle Fälle verhindert werden. Also Obacht! Zwischendurch lechzten die erhitzten Körper nach Kühlung. Dann war der Zeitpunkt für den Weg zum Meer oder zur deutlich nähergelegenen Dusche gekommen. Das Baden im Toten Meer ist ein besonderes Erlebnis. Es schwebt sich himmlisch entspannt und unbeschwert im öligen Wasser. Sofern die Haut das Salz gut vertrug, durfte das Bad gut 20 Minuten oder länger dauern. Es schien, als würde die Zeit im Wasser noch rasanter verfliegen, denn die 20 Minuten vergingen wie ein Wimpernschlag.

Die Stunden in den Solarien waren wunderbar. Die Berliner Insel – wie Margitta uns drei Berlinerinnen nannte – dämmerte und schlummerte in der sengenden Hitze über Stunden bewegungslos vor sich hin. Ich dachte, nichts könnte mich jemals wieder aus dieser Starre erwecken. Falsch gedacht! Rrrrratsch, ein Schirmständer wurde über den Boden geschleift und kurz darauf folgte die Sonnenliege. Dergestalt unfreiwillig aus der Dämmerstarre erwacht, musste ich die eigene, längst überfällige, Positionsveränderung erkennen. Die Sonne war einfach verdammt schnell unterwegs! Mühsam raffte ich mich auf, rückte ebenfalls Schirm und Liege zurecht, zupfte an den Badetüchern und brach dann abgekämpft und völlig entkräftet wieder über der Liege zusammen. Gemeinsam summten wir „Monotonie“ von Ideal – aus Mangel an Textsicherheit und fehlender Musikalität blieb es weitestgehend beim Summen - oder lauschten mit Blick aufs Meer Annette Humpes monoton-melancholischem Beziehungssong „Macht nichts“.

Während der Mittagshitze verzog ich mich in mein klimatisiertes kühles Zimmer, um die Arbeit am Nachmittag ausgeruht fortzusetzen und abends erschöpft von des Tages Müh‘ wiederum ins Zimmer zu schlappen. In meinem großzügigen Zimmer mit dem hübschen kleinen Balkon und dem wunderbaren Blick auf das Tote Meer fühlte ich mich sehr wohl und war im Nu regeneriert.

Das Abendprogramm stand vor der Tür. Für einige begann der Abend früher als für andere. Happy Hour Time! Bei einer erfrischenden Gerstenkaltschale wurden soziale Beziehungen geknüpft, gepflegt und gefestigt.

Dann das Abendbuffet: Frisch, lecker und sehr ergiebig – die Süßspeisen waren ein Gedicht! Der Service war stets freundlich und bemühte sich sehr, alle Wünsche zu erfüllen. Wie uns Gästen setzte auch dem Personal die Hitze zu, die das Kurzzeitgedächtnis schwer belastete, Reaktionszeiten deutlich verlangsamte und zu Ausfallerscheinungen führte.

An drei Abenden in der Woche wurde eine Tanzstunde angeboten, die regen Zulauf erfuhr. Langsamer Walzer, Wiener Walzer, Disco Fox, Jive, aber vor allem die Rumba, die ganz besonders beliebt war, wurden einstudiert. Rück, vor – nichts – vor, rück – nichts. Hüftschwung und Figuren stellten kein Problem dar - zumindest für einige. Die Tanzstunden waren eine feine Sache, in denen sich allmählich mein Motto herausschälte: Das ganze Leben ist eine Rumba.

Das Rahmenprogramm ließ allgemein wenig Wünsche offen: Margitta organisierte routiniert abwechslungsreiche und interessante Aktivitäten in Form von Ausflügen in die nähere und weitere Umgebung z. B. nach Amman, Petra oder Wadi Rum und initiierte Feste und sonstige Zusammenkünfte, wie beispielsweise den beliebten täglichen Kaffeeklatsch nachmittags um drei unter der Laube.

Ein tolles Erlebnis war die bewegte Meditation, mit der wunderbaren Musik „Heart Chakra Meditation“, an der wir drei Mal die Woche mittags teilnehmen und heftig entspannen konnten. 

Das Abschlussfest fand auf Grund der vorgezogenen Abreise einiger Mitreisender früher statt und wurde damit kurzerhand zum Bergfest. Wir fläzten im Beduinenzelt bei Tee und arabischem Kaffee, ließen uns von einem geselligen Teppich-Kussspiel, einer atemlosen Performance mit einem souveränen Tänzer und einer etwas übermotivierten Tänzerin, einem fränkischen Lobesreim an Margitta sowie Musik und Tanz unterhalten. Wir konnten ein Kamel besteigen und ein paar Schritte reiten oder uns mit Henna bemalen lassen. Es war ein gelungener, bunter Abend.

Was bleibt noch zu sagen:

Die Klimareise war ein Glücksgriff! Mein Hautbild hatte sich bereits nach den ersten paar Tagen gebessert. In der zweiten Hälfte jedoch nahm der Heilungsprozess richtig Fahrt auf. Am Ende der drei Wochen war ich komplett beschwerdefrei. Meine Haut war samtig weich, ebenmäßig und schön gebräunt. Ich war begeistert von dem neuen Körpergefühl und fühlte mich wie neugeboren.

Mein besonderer Dank gilt Margitta, deren Engagement diese Gruppenreise überhaupt möglich macht und deren stets zugewandte, warmherzige Art einen ganz erheblichen Anteil zum Gelingen der Reise beigetragen hat. Margitta war für alle jederzeit ansprechbar, begleitete die Gruppe professionell und mit viel Humor und achtete fürsorglich und aufmerksam darauf, dass keines der ihr anvertrauten Schäfchen Schaden nahm oder verloren ging.

Nach drei Wochen traten viele den Heimweg an, so auch ich. Die Tage sind wie im Flug vergangen. Es war eine schöne Zeit an einem besonderen Ort mit wunderbaren Menschen.

Maʿa s-salamah!

Grete

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Uli (Sonntag, 24 Juli 2016 17:14)

    Was für ein schöner Bericht! :-)

    Es gibt kaum etwas hinzuzufügen, außer dass es im Männersolarium scheinbar
    "fideler" zuging. Keine Spur von Melancholie, erst recht keine Monotonie - dafür
    hatten wir viel zu viel mit österreichischen und schweizerischen Dialekten zu kämpfen. :-))

    Schön war's! Mit Euch allen!

    Liebe Grüße - Uli