Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit 

In der gesetzlichen Rentenversicherung werden neben den Renten wegen Alters und wegen Todes auch Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gezahlt. Dazu zählen

  •   Renten wegen teilweiser Erwerbsminderung
  •   Renten wegen voller Erwerbsminderung
  •   Renten wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

Wartezeit

Eine der Grundvoraussetzungen für die Rente wegen Erwerbsminderung ist das Vorhandensein einer Mindestversicherungszeit. Dazu wird zunächst die Erfüllung der „allgemeinen Wartezeit“ gefordert. Die allgemeine Wartezeit beträgt 5 Jahre. Auf die allgemeine Wartezeit werden Zeiten mit Beitrags- und Ersatzzeiten angerechnet. Sie kann auch unter bestimmten Voraussetzungen mit Zeiten aus dem Versorgungs-ausgleich (bei Scheidung) oder dem Rentensplitting erfüllt werden.

Ist die allgemeine Wartezeit nicht erfüllt, ist dennoch ein Rentenanspruch möglich, wenn die Wartezeit vorzeitig erfüllt ist.  Die Kriterien der „vorzeitigen Wartezeit“ sind erfüllt, wenn die verminderte Erwerbsfähigkeit bedingt ist durch Arbeitsunfall oder Berufskrankheit. Voraussetzung ist in diesen Fällen, dass der Betreffende bei Eintritt der Erwerbsminderung versichert gewesen ist, also mindestens ein anrechenbarer Beitrag vorhanden ist. Die vorzeitige Wartefrist ist auch erfüllt, wenn der Versicherte vor Ablauf von sechs Jahren nach Beendigung einer Ausbildung voll erwerbsgemindert wird. Zusätzliche Voraussetzung bei voller Erwerbsminderung ist, dass in den letzten beiden Jahren mindestens ein Jahr mit Pflichtbeiträgen aus einer Beschäftigung oder Tätigkeit belegt ist.

 

Besondere versicherungsrechtliche Voraussetzungen

Zusätzliche Voraussetzung ist die sogenannte „3/5-Belegung“. Diese ist gegeben, wenn in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung mindestens 3 Jahre mit Pflichtbeiträgen belegt sind. Bei den anzurechnenden Pflichtbeiträgen handelt es sich insbesondere um solche von Beschäftigten und Selbständigen sowie für Kinder-erziehungszeiten. Sind im 5-Jahres-Zeitraum keine 3 Jahre mit Pflichtbeiträgen vorhanden, kann der Zeitraum unter bestimmten Umständen verlängert werden. Zur Verlängerung führen u. a. Zeiten des Bezuges einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und wegen Kindererziehung. Die 3/5-Belegung wird nicht gefordert, wenn die Voraussetzungen der „vorzeitigen Wartezeiterfüllung“ gegeben sind.

Die 3/5-Belegung ist auch dann nicht erforderlich, wenn

° vor dem 01.01.1984 die „allgemeine Wartezeit“ erfüllt war und

jeder Kalendermonat ab dem 01.01.1984 mit Anwartschaftserhaltungs-  zeiten belegt ist.

Solche Anwartschaftserhaltungszeiten sind u. a. Beitragszeiten (auch freiwillige Beiträge), Anrechnungs- und Ersatzzeiten, Kinderberücksichtigungszeiten und Rentenbezugszeiten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

 

Minderung der Erwerbsfähigkeit

 Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbsfähig zu sein.

Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Als voll erwerbsgemindert gelten auch Versicherte, die medizinisch als teilweise erwerbsgemindert zu bewerten sind, aber wegen Art und Schwere der Behinderung  nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können.

Kann der Versicherte auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein, liegt eine renten relevante Erwerbsminderung nicht vor. Dabei ist es unerheblich, ob der Versicherte seine Leistungsfähigkeit tatsächlich umsetzen kann oder ob er arbeitslos ist. Die Arbeitsmarktlage ist dann unbeachtlich.

 

Übliche Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes

Die „üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes“ ergeben sich aus den konkreten Ausgestaltungen der Arbeitsverhältnisse. Diese unterliegen gesetzlichen Bestimmungen und werden in aller Regel durch Tarifverträge und/oder Betriebsver-einbarungen und ggf. auch durch spezielle Einzelverträge ausgestaltet. Im Wesentlichen werden sie charakterisiert durch das Arbeitsentgelt und die Dauer, Lage und Verteilung der Arbeitszeit. Nur dann, wenn auf dem Arbeitsmarkt eine beachtliche Anzahl an Tätigkeiten zu bestimmten Bedingungen vorhanden ist, kann davon ausgegangen werden, dass der Versicherte in der Lage ist, eine solche Tätigkeit unter den üblichen Bedingungen auszuüben.

Die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten wird dabei abgegrenzt nach

            körperlicher Belastbarkeit

            zumutbarer geistiger Beanspruchung

            zumutbaren täglichen Arbeitszeiten (bei einer 5-Tage-Woche)

            Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit, wie

            der Notwendigkeit eines besonders eingerichteten Arbeitsplatzes,

            betriebsunüblicher Ruhepausen,

            einer eventuellen Wegebeschränkung.

 

Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit

 

Für vor dem 02.01.1961 geborene Versicherte gilt eine Vertrauensschutzregelung. Diese bestimmt, dass unter besonderen Voraussetzungen Berufsunfähigkeit zum Rentenbezug führen kann.

Berufsunfähig sind Versicherte, die in ihrem Beruf oder einem zumutbaren Verweisungsberuf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein können.

Hier ist zunächst der bisherige versicherungspflichtige Hauptberuf des Versicherten festzustellen. Dieser muss nicht gleichbedeutend sein mit der zuletzt ausgeübten beruflichen Tätigkeit. Als „bisheriger Beruf“ gilt u. a.

° bei gleichwertigen Tätigkeiten die weitaus überwiegend ausgeübte Beschäftigung,

° die zuletzt ausgeübte Tätigkeit, wenn sie die tariflich höchsteingestufte war und nicht  nur vorübergehend ausgeübt wurde,

° bei kontinuierlicher Berufsentwicklung die zuletzt ausgeübte Tätigkeit, unabhängig von der Zeitdauer,

° bei vorhandener Berufsqualifikation, aber Nichtausübung einer entsprechend höherwertigen Tätigkeit  (z. B. Meister), die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit (z. B. Geselle).

Löst sich ein Versicherter von einem höher qualifizierten Beruf aus gesundheitlichen Gründen, gilt als bisheriger Beruf regelmäßig die Tätigkeit, die aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben wurde.

 

Verweisungsberufe

Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit eines Versicherten sind auch die Berufe mit einzubeziehen, die

             seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechen und

            ° ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfanges seiner

              Ausbildung sowie seines bisherigen Berufes und der besonderen

              Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden

              können.

Die Verweisung in andere berufliche Tätigkeiten darf für den Versicherten zu keinem unzumutbaren sozialen Abstieg führen. Die soziale Bewertung eines Berufes ergibt sich in der Hauptsache aus

            ° den Tätigkeitsmerkmalen,

            ° der Höhe des Verdienstes,

            ° der für diesen Beruf benötigten Ausbildung.

Eine unzumutbare Tätigkeit liegt allerdings nicht schon alleine deshalb vor, wenn das hieraus erzielte Einkommen geringer ist als das aus dem bisherigen versicherungs-pflichtigen Hauptberuf. Ein bestimmter, aber kein unzumutbarer, sozialer Abstieg wird dem Versicherten zugemutet.

Eine Einteilung ergibt sich aus dem von der Rechtsprechung geprägten Mehrstufenschema durch folgende schematisierte Berufsgruppen:

  •         ungelernte Tätigkeiten
  •          von 3 bis zu 12 Monaten 
  •          von mehr als 12 Monaten bis zu 2 Jahren
  •         Tätigkeiten mit einer mehr als 2-jährigen, regelmäßig 3-jährigen Ausbildung
  •         Tätigkeiten mit Meisterprüfung oder Fachschulabschluss; Facharbeiter mit
  •          Vorgesetztenfunktion

Tätigkeiten mit abgeschlossenem Studium an einer Hochschule oder Fachhochschule

  • Tätigkeiten der Führungsebene mit hoher Qualität, die regelmäßig auf einem Hochschulstudium beruhen und üblicherweise mit Arbeitsentgelten bewertet werden, die an oder über der Beitragsbemessungsgrenze liegen.

 

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes ist für die Versicherten je nach ihrer Zuordnung in eine dieser Gruppen eine sozial zumutbare Verweisung auf Tätigkeiten derselben oder der nächstniederen Gruppe möglich. Dies gilt jedoch nur für Versicherte, die auf Grund ihrer erlangten Qualifikation nicht auf ungelernte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden können

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