Die Diplom-Psychologin Renate Kurze-Hoffmann der Tomesa-Fachklinik hielt in unserer Selbsthilfegruppe einen Vortrag ab. Sie hat ihn freundlicherweise auch als Text für uns zur Verfügung gestellt.
Harmonie mit meiner Haut
Auf der Spur der Psychodermatologie
Unsere Haut ist mehr als nur unsere äußere Hülle. Sie stellt mit einer Oberfläche von 1,5 bis 2 m² und einem Gewicht –je nach Körpergröße- bis zu 20 kg, das größte Einzelorgan des Körpers dar.
Die Haut hat vielfältige Funktionen und ist eng verknüpft mit der Psyche, mit dem Nerven- und Immunsystem.
Physiologische Funktionen sind z.B. Schutz, Abwehr, Wahrnehmung und Anpassung. Psychologische: Haut als Kontaktorgan, Grenz-/Ausdrucks- und Schutzorgan.
Haut als Kontakt- oder Kommunikationsorgan
Unsere Haut als Kontakt- oder Kommunikationsorgan hat eine verbindende Funktion. Über die Berührung, seelisch und auch körperlich, nehmen wir Kontakt zu anderen Menschen auf.
In der Sexualität kommt dem Sinnesorgan Haut eine besonders wichtige Rolle zu.
Hier kann es bei haut-kranken Menschen zu Störungen kommen. Rückzugsverhalten in Zeiten ausgeprägter Hautreaktionen stößt bei Partnern, Familie und Freunden häufig auf Unverständnis, wird dies nicht kommuniziert, kann es zu Konflikten führen.
Bei vielen Menschen mit einer chronischen Hauterkrankung ist das Selbstwertgefühl zeitweise vermindert, dies verändert die Kommunikation mit anderen Menschen und kann für den betroffenen Menschen sehr belastend werden.
Positive Veränderungen werden u.a. durch Offenheit im Austausch mit anderen Menschen herbeigeführt.
Haut als Grenzorgan
Unsere Haut ist auch als Grenze/Barriere anzusehen, zwischen dem, was von aussen auf uns einwirkt (z.B. Umweltbelastungen, Forderungen anderer Menschen) und dem, was in uns drin geschieht (unsere Wünsche, Ziele und Bedürfnisse).
Meine Erfahrung in vielen Jahren in der Arbeit mit hautkranken Menschen hat gezeigt, dass es Betroffenen oft schwer fällt, eine deutliche Grenze zu ziehen, eigene Wünsche und Bedürfnisse wichtig zu nehmen und sie auch durchzusetzen.
Mit den beiden Funktionen - Haut als Kontaktorgan und Haut als Grenzorgan - verbindet sie uns mit der Umwelt und grenzt uns gleichzeitig von ihr ab. Sie reguliert damit das Verhältnis von seelischer Nähe und Distanz zu unseren Mitmenschen.
Haut als Ausdrucksorgan
Für viele Menschen hat äußere Schönheit und damit auch die Schönheit der Haut einen ganz hohen Stellenwert, es werden in Deutschland Milliarden für „Schönheitsmittel“ ausgegeben. Dementsprechend leidet das Selbstwertgefühl bei Menschen mit einer sichtbaren Hauterkrankung sehr; schon der Blick morgens in den Spiegel mit Gedanken wie: „Ich sehe schrecklich aus“ oder „so kann ich mich nicht zeigen“, bewirkt häufig eine Einschränkung des Selbstwertgefühls und der Lebensfreude.
Haut als Schutzorgan
Schon der Ursprung des Wortes „Haut“ aus der indogermanischen Wurzel „s-keu“; das so viel wie bedecken oder umhüllen heißt, weist auf die Schutzfunktion der Haut hin. Die Haut als Schutz- oder Stützorgan gibt uns seelischen Halt.
Die Psychodermatologie beschäftigt sich mit Hautkrankheiten, bei denen neben organischen vor allem psychosoziale Ursachen bedeutsam sind. Sie ist kein neues Fach, sie entwickelte sich bereits Ende des 19. Jahrhunderts, mit Beginn der wissenschaftlichen Dermatologie. Die Forschung hat sich zunächst u.a. mit der Persönlichkeit des von einer Hauterkrankung betroffenen Menschen beschäftigt, mit Fragen der Interaktion zwischen Mutter und Kind (→Schuldaspekt) speziell bei der atopischen Dermatitis (Neurodermitis) und mit Fragen der Krankheitsverarbeitung und –bewältigung.
Verändert hat sich vor allem, dass heute die Sicht ganzheitlicher ist.
Es wird von einem „bio-psycho-sozialen Krankheitsmodell“ ausgegangen.
Biologische, psychische und soziale Faktoren spielen bei den meisten Hauterkrankungen eine Rolle.
Lange Zeit stand man den psychosomatischen Aspekten von Hautkrankheiten kritisch gegenüber. Heute geht man davon aus, dass eine wirksame Behandlung eines chronisch hautkranken Menschen die somatische und die psychosoziale Seite mit einschließen muss.
Es gibt 2 Betrachtungsebenen:
Die somato-psychische Ebene, also der Einfluss einer -in unserem Fall- chronischen Hauterkrankung auf die Psyche und die psycho-somatische Ebene, der Einfluss der Psyche (wobei auch soziale Faktoren mit einzuschließen sind) auf den Körper (Erkrankung der Haut).
Betrachten wir zunächst den Einfluss einer Hauterkrankung auf die Psyche, so ist für jeden betroffenen Menschen spürbar, dass Reaktionen der Haut, wenn die Haut brennt, juckt oder gereizt ist, sehr belastend sind. Die betroffenen Menschen fühlen sich dann „nicht wohl in ihrer Haut“.
Viele ziehen sich bei einer akuten Hautreaktion zurück, fühlen sich minderwertig und sind wie auch schon oben erwähnt, unzufrieden mit ihrer äußeren Erscheinung. Vielleicht traut man sich weniger zu als sonst und ist dünnhäutiger.
Häufig kommt es zu verstärktem Grübeln und die betroffenen Menschen beschäftigen sich übermäßig mit ihrer Erkrankung.
Die Krankheit nimmt dann einen großen Stellenwert im Leben ein.
Wichtig ist zu lernen, sich selbst mit seiner Erkrankung anzunehmen, sich so zu mögen wie man ist. Hier können Angehörige unterstützen und natürlich auch die Selbsthilfegruppe, wo der Austausch mit Betroffenen hilft, eine positive Grundhaltung zu entwickeln und so zu einer Verbesserung der Gesamtsituation beizutragen.
Es ist sicher nicht leicht, sich selbst mit seiner Erkrankung anzunehmen, wenn es gelingt, wird vieles leichter, sowohl im zwischenmenschlichen als auch im beruflichen Bereich.
So wie jedem hautkranken Menschen bewusst ist, dass eine Krankheit der Haut sich auf der Seele niederschlägt, so spielen auch psychische bzw. psychosoziale Faktoren beim Entstehen und beim Verlauf von Hautkrankheiten eine große Rolle. Manche Menschen reagieren auf Probleme, Konflikte und Belastungen mit ihrer Haut. Können Probleme oder Belastungen nicht mehr bewältigt werden – gedanklich oder indem man darüber spricht – so kann sich diese negative Energie einen Weg in eine körperliche Reaktion bahnen.
Um in Harmonie mit seiner Haut zu leben, ist es Voraussetzung, in Harmonie mit sich selbst zu sein. Haut und Ich bzw. Selbst sind untrennbar miteinander verbunden.
In Harmonie mit sich selbst sein wird sicher nicht immer gelingen, entscheidend ist das Streben danach.
Es ist dabei wichtig, die 4 Hauptlebensbereiche (Körper, Beziehungen, Arbeit/Leistung und Lebenssinn) auszubalancieren, um im Einklang mit sich selbst zu sein und damit Gesundheit und Wohlbefinden zu fördern.
Dem Bereich Sinn/Werte kommt eine besondere Bedeutung zu. Die Beschäftigung mit Sinn und Werten hilft uns, Zufriedenheit und Leistungsfähigkeit zu bewahren. Wenn wir das, was wir in den anderen 3 Lebensbereichen tun, als sinnlos empfinden, wird unser Leben öde und leer.
Für unsere seelische und körperliche Gesundheit ist das Gefühl, ein sinnerfülltes Leben zu führen, von zentraler Bedeutung.
„Mit Worten von Oscar Wilde möchte ich schließen:
„Erkenne dich selbst!“, stand am Eingang der antiken Welt geschrieben. Über dem Eingang der neuen Welt wird geschrieben stehen
„Sei du selbst.“
Erstellt von Dipl.-Psych. Renate Kurze-Hoffmann
Unsere Haut ist mehr als nur unsere äußere Hülle. Sie stellt mit einer Oberfläche von 1,5 bis 2 m² und einem Gewicht –je nach Körpergröße- bis zu 20 kg, das größte Einzelorgan des Körpers dar.
Die Haut hat vielfältige Funktionen und ist eng verknüpft mit der Psyche, mit dem Nerven- und Immunsystem.
Physiologische Funktionen sind z.B. Schutz, Abwehr, Wahrnehmung und Anpassung. Psychologische: Haut als Kontaktorgan, Grenz-/Ausdrucks- und Schutzorgan.
Haut als Kontakt- oder Kommunikationsorgan
Unsere Haut als Kontakt- oder Kommunikationsorgan hat eine verbindende Funktion. Über die Berührung, seelisch und auch körperlich, nehmen wir Kontakt zu anderen Menschen auf.
In der Sexualität kommt dem Sinnesorgan Haut eine besonders wichtige Rolle zu.
Hier kann es bei haut-kranken Menschen zu Störungen kommen. Rückzugsverhalten in Zeiten ausgeprägter Hautreaktionen stößt bei Partnern, Familie und Freunden häufig auf Unverständnis, wird dies nicht kommuniziert, kann es zu Konflikten führen.
Bei vielen Menschen mit einer chronischen Hauterkrankung ist das Selbstwertgefühl zeitweise vermindert, dies verändert die Kommunikation mit anderen Menschen und kann für den betroffenen Menschen sehr belastend werden.
Positive Veränderungen werden u.a. durch Offenheit im Austausch mit anderen Menschen herbeigeführt.
Haut als Grenzorgan
Unsere Haut ist auch als Grenze/Barriere anzusehen, zwischen dem, was von aussen auf uns einwirkt (z.B. Umweltbelastungen, Forderungen anderer Menschen) und dem, was in uns drin geschieht (unsere Wünsche, Ziele und Bedürfnisse).
Meine Erfahrung in vielen Jahren in der Arbeit mit hautkranken Menschen hat gezeigt, dass es Betroffenen oft schwer fällt, eine deutliche Grenze zu ziehen, eigene Wünsche und Bedürfnisse wichtig zu nehmen und sie auch durchzusetzen.
Mit den beiden Funktionen - Haut als Kontaktorgan und Haut als Grenzorgan - verbindet sie uns mit der Umwelt und grenzt uns gleichzeitig von ihr ab. Sie reguliert damit das Verhältnis von seelischer Nähe und Distanz zu unseren Mitmenschen.
Haut als Ausdrucksorgan
Für viele Menschen hat äußere Schönheit und damit auch die Schönheit der Haut einen ganz hohen Stellenwert, es werden in Deutschland Milliarden für „Schönheitsmittel“ ausgegeben. Dementsprechend leidet das Selbstwertgefühl bei Menschen mit einer sichtbaren Hauterkrankung sehr; schon der Blick morgens in den Spiegel mit Gedanken wie: „Ich sehe schrecklich aus“ oder „so kann ich mich nicht zeigen“, bewirkt häufig eine Einschränkung des Selbstwertgefühls und der Lebensfreude.
Haut als Schutzorgan
Schon der Ursprung des Wortes „Haut“ aus der indogermanischen Wurzel „s-keu“; das so viel wie bedecken oder umhüllen heißt, weist auf die Schutzfunktion der Haut hin. Die Haut als Schutz- oder Stützorgan gibt uns seelischen Halt.
Die Psychodermatologie beschäftigt sich mit Hautkrankheiten, bei denen neben organischen vor allem psychosoziale Ursachen bedeutsam sind. Sie ist kein neues Fach, sie entwickelte sich bereits Ende des 19. Jahrhunderts, mit Beginn der wissenschaftlichen Dermatologie. Die Forschung hat sich zunächst u.a. mit der Persönlichkeit des von einer Hauterkrankung betroffenen Menschen beschäftigt, mit Fragen der Interaktion zwischen Mutter und Kind (→Schuldaspekt) speziell bei der atopischen Dermatitis (Neurodermitis) und mit Fragen der Krankheitsverarbeitung und –bewältigung.
Verändert hat sich vor allem, dass heute die Sicht ganzheitlicher ist.
Es wird von einem „bio-psycho-sozialen Krankheitsmodell“ ausgegangen.
Biologische, psychische und soziale Faktoren spielen bei den meisten Hauterkrankungen eine Rolle.
Lange Zeit stand man den psychosomatischen Aspekten von Hautkrankheiten kritisch gegenüber. Heute geht man davon aus, dass eine wirksame Behandlung eines chronisch hautkranken Menschen die somatische und die psychosoziale Seite mit einschließen muss.
Es gibt 2 Betrachtungsebenen:
Die somato-psychische Ebene, also der Einfluss einer -in unserem Fall- chronischen Hauterkrankung auf die Psyche und die psycho-somatische Ebene, der Einfluss der Psyche (wobei auch soziale Faktoren mit einzuschließen sind) auf den Körper (Erkrankung der Haut).
Betrachten wir zunächst den Einfluss einer Hauterkrankung auf die Psyche, so ist für jeden betroffenen Menschen spürbar, dass Reaktionen der Haut, wenn die Haut brennt, juckt oder gereizt ist, sehr belastend sind. Die betroffenen Menschen fühlen sich dann „nicht wohl in ihrer Haut“.
Viele ziehen sich bei einer akuten Hautreaktion zurück, fühlen sich minderwertig und sind wie auch schon oben erwähnt, unzufrieden mit ihrer äußeren Erscheinung. Vielleicht traut man sich weniger zu als sonst und ist dünnhäutiger.
Häufig kommt es zu verstärktem Grübeln und die betroffenen Menschen beschäftigen sich übermäßig mit ihrer Erkrankung.
Die Krankheit nimmt dann einen großen Stellenwert im Leben ein.
Wichtig ist zu lernen, sich selbst mit seiner Erkrankung anzunehmen, sich so zu mögen wie man ist. Hier können Angehörige unterstützen und natürlich auch die Selbsthilfegruppe, wo der Austausch mit Betroffenen hilft, eine positive Grundhaltung zu entwickeln und so zu einer Verbesserung der Gesamtsituation beizutragen.
Es ist sicher nicht leicht, sich selbst mit seiner Erkrankung anzunehmen, wenn es gelingt, wird vieles leichter, sowohl im zwischenmenschlichen als auch im beruflichen Bereich.
So wie jedem hautkranken Menschen bewusst ist, dass eine Krankheit der Haut sich auf der Seele niederschlägt, so spielen auch psychische bzw. psychosoziale Faktoren beim Entstehen und beim Verlauf von Hautkrankheiten eine große Rolle. Manche Menschen reagieren auf Probleme, Konflikte und Belastungen mit ihrer Haut. Können Probleme oder Belastungen nicht mehr bewältigt werden – gedanklich oder indem man darüber spricht – so kann sich diese negative Energie einen Weg in eine körperliche Reaktion bahnen.
Um in Harmonie mit seiner Haut zu leben, ist es Voraussetzung, in Harmonie mit sich selbst zu sein. Haut und Ich bzw. Selbst sind untrennbar miteinander verbunden.
In Harmonie mit sich selbst sein wird sicher nicht immer gelingen, entscheidend ist das Streben danach.
Es ist dabei wichtig, die 4 Hauptlebensbereiche (Körper, Beziehungen, Arbeit/Leistung und Lebenssinn) auszubalancieren, um im Einklang mit sich selbst zu sein und damit Gesundheit und Wohlbefinden zu fördern.
Dem Bereich Sinn/Werte kommt eine besondere Bedeutung zu. Die Beschäftigung mit Sinn und Werten hilft uns, Zufriedenheit und Leistungsfähigkeit zu bewahren. Wenn wir das, was wir in den anderen 3 Lebensbereichen tun, als sinnlos empfinden, wird unser Leben öde und leer.
Für unsere seelische und körperliche Gesundheit ist das Gefühl, ein sinnerfülltes Leben zu führen, von zentraler Bedeutung.
„Mit Worten von Oscar Wilde möchte ich schließen:
„Erkenne dich selbst!“, stand am Eingang der antiken Welt geschrieben. Über dem Eingang der neuen Welt wird geschrieben stehen
„Sei du selbst.“
Erstellt von Dipl.-Psych. Renate Kurze-Hoffmann
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