Vitiligo, was gibt es "Neues"

Medizinische Szene

Was gibt es neues?

 

PD Dr. med.

Markus Böhm

G elbwurz – Triggerfaktor

für die Vitiligo?

Gelbwurz (indischer Safran, gelber Ingwer, chinesische Wurzel, Turmerik)ist ein häufig  verwandtes Gewürz (zum Beispiel im Curry) und ein Farbstoff für die Speisenzubereitung im orientalischen und asiatischen Raum. Gelbwurz wird im asiatischen Raum darüber hinaus als Bestandteil von Kosmetika Zwecken für die äußerliche Applikationbenutzt. In Deutschland findet es zur Nahrungszubereitung ebenfalls zunehmende Verbreitung. Zentraler Inhaltsstoff von Gelbwurz ist Curcumin, ein als sekundärer Pflanzenstoff bezeichnetes

Polyphenol. Schallreuter und Rokos konnten in einer rezenten Untersuchung zeigen, dass die

topische Applikation von Curcumin sowohl bei gesunden Probanden (n=3) als

auch bei Patienten mit akuter Vitiligo (n=3) zu einer Anreicherung reaktiver

Sauerstoffspezie (ros) inklusive Hydrogenperoxid in der Epidermis führt. Interessanterweise war die Curcumininduzierte Anreicherung von ros bei den Vitiligopatienten höher, was auf deren reduzierte epidermale Aktivität von Katalase, dem zentralen Entgiftungsenzym von Hydrogenperoxid, zurückzuführen sein könnte. In einer daraufhin initiierten kleineren Fallserie von acht asiatischen Vitiligopatienten mit traditionell hohem Verbrauch an Gelbwurz in der Nahrung und fehlendem Ansprechen auf eine Kombinationstherapie mit

UVB-Schmalband- und Pseudokatalase (pc-kus) wurde sodann der Effekt einer

Gelbwurz-Karenz in der Nahrung für sechs Monate bei der obigen Therapie

geprüft. Alle acht Patienten zeigten eine deutliche Verbesserung ihres Ansprechens auf die uvb-Schmalband- und Pseudokatalase-Therapie, wobei sechs

Patienten eine nahezu komplette Repigmentierung im Gesicht erzielten. Die von Schallreuter und Rokos gemachten Beobachtungen sind überraschend,

da zahlreiche Veröffentlichen antioxidative Effekte von Curcumin belegen.

So unterdrückt Curcumin in vitro die Lipidperoxidation durch oxidative Noxen. Aufgrund seiner vielfältigen biologischen Eigenschaften (unter anderem

Unterdrückung von Entzündungsreaktionen, anti-proliferative Eigenschaften,

Effekte auf die Wundheilung) wird Curcumin in letzter Zeit auch bei

zahlreichen Erkrankungen propagiert. Es bleibt abzuwarten inwieweit die oben

beschriebenen Ergebnisse, die sich auf eine Reduktion der Katalase-Aktivität

nach Applikation von Curcumin von außen beziehen, auch für die perorale

Aufnahme von Gelbwurz als Gewürz oder Farbstoff wirkliche Relevanz besitzen.

Curcumin wird vom Menschen nach peroraler Aufnahme nicht in relevanten

Mengen resorbiert. Zumindest ist Vorsicht vor einem unreflektierten

oder exzessiven Gebrauch von Gelbwurz bei Patienten mit Vitiligo geboten.

Literatur

Schallreuter, K.U.S., Rokos, H. Turmeric (curcumin):

a widely used curry ingredient, can

contribute to oxidative stress in asian patients

with acute vitiligo. Ind. J. Dermatol. Venereol.

Leprol. 2006; 72: 57–59

Biologics und Vitiligo

Biologics haben mittlerweile bei verschiedenen entzündlichen Erkrankungen

wie der rheumatoiden Arthritis, dem M. Crohn, M. Bechterew und der

Psoriasis-Arthritis einen festen Stellenwert im therapeutischen Repertoire und

sind besonders bei schweren und therapie- refraktären Fällen von großem Nutzen

für die betroffenen Patienten. Typischerweise werden diese Biologics ein

bis zweimal pro Woche oder in größeren Abständen (alle zwei Wochen) subkutan

oder intravenös verabreicht, was für die Patienten einen erheblichen Vorteil

darstellt. Biologics sind jedoch im Vergleich zu herkömmlichen Medikamenten

überaus kostspielig und erfordern immer genaue Voruntersuchungen

des Patienten, ob System- oder Infektionskrankheiten inklusive einer latenten

Tuberkulose nicht vorliegen. Biologics finden mittlerweile innerhalb der Dermatologie

eine zunehmende Anwendung, in erster Linie bei der Behandlung

der Psoriasis. Ein Erfolg versprechendes Zielmolekül ist hierbei das proinflammatorische

Zytokin Tumor-Nekrose-Faktor- a (tnf-a), welches durch Biologics

wie Etanercept, Infliximab oder Adalimumab gebunden und so in seiner entzündungsfördernden Wirkung neutralisiert

wird. Da in der Haut von Patienten mit Vitiligo proinflammatorische Moleküle wie

tnf-a vermehrt exprimiert sind und in ihrer Menge offenbar durch eine wirksame

Vitiligo-Therapie (zum Beispiel mit topischen Calcineurin-Inhibitoren)

reduziert werden, liegt es sehr nahe Anti- tnf-a-Therapie-Strategien bei der

Vitiligo auszuloten. Zudem ist bekannt, dass tnf-a die Melanogenese (Pigmentbildung)

unterdrückt und auch zu einer intrazellulären Anreicherung von ros

führt. Da ros eine zentrale Rolle bei der Pathogenese der Vitiligo spielen, ist es denkbar, dass Anti-tnf-a-Therapie-Strategien über eine Verminderung der

Menge von ros Repigmentierung vermittelt. In einer Pilot-Untersuchung von vier Patienten

mit akuter Vitiligo und Progredienz der Erkrankung während der letzten drei Monate wurde jüngst das Potenzial einer Monotherapie mit Etanercept getestet. Alle Patienten hatten eine

Erkrankung, die weniger als ein Jahr bestand. Etanercept wurde in einer Dosis

von 50 mg/Woche für drei Monate, sodann 25 mg/Woche für einen weiteren

Monat verabreicht. Der Grad der Ausbreitung wurde digital-photographisch

dokumentiert und mittels einer Computer- Software analysiert. Bei allen Patienten

kam es zu keiner weiteren Progressionder Erkrankung, allerdings auch zu keiner Repigmentierung.

Diese Daten sind bezüglich der Effizienz von Etanercept als Monotherapie eher

enttäuschend. Einschränkungen zur Beurteilung zur Wirkung von Etanercept

bei Vitiligo ergeben sich natürlich aus der viel zu geringen Fallzahl, der zu geringen

Therapiedauer und der womöglich insuffizienten Dosis der obigen Studie.

Ob eine Neutralisierung des tnf-a-Signalweges zudem alleine ausreicht, eine

Repigmentierung zu induzieren, erscheint unwahrscheinlich. Zukunftsperspektiven

ergeben sich unter Umständen aus der Kombination von Anti-

a-tnf-Biologics mit einer der bereits etablierten Vitiligotherapien.

Literatur Rigopoulos, D., Gregoriou, S., Larios, G., Moustou,

E., Belayeva-Karatza, E., Kalogeromitros,

D. Etanercept in the treatment of vitiligo. Dermatology

2007; 215: 84-85

 

UVB-Schmalband und

Polypodium leucotomus

Die uvb-Schmalband (311 nm)-Therapie kann trotz der Limitationen aller bisher

publizierten Studien bei der Vitiligo als eine etablierte Standard-Therapie angesehen

werden. Neuere Studien belegen eine überlegende Wirkung dieser Therapie

auch gegenüber der systemischen Phototherapie, die überdies ein größeres

Nebenwirkungspotential hat. Bei Erwachsenen mit generalisierter Vitiligo

ist somit die uvb-Schmalband Therapie die erste Wahl.

Pseudopodium leucotomus ist ein tropisches Farnkraut, dessen Extrakt zahlreiche

interessante photobiologische Wirkungen in vitro und in vivo besitzt.

So konnte gezeigt werden, dass die topische oder perorale Applikation des

Extraktes die Entwicklung eines uvb-Erythems beziehungsweise phototoxische

Reaktionen nach Gabe von 8-Methoxypsoralen und uva hemmt. Mechanistisch

bewirkt der Extrakt von Pseudopodium leucotomus unter anderem

eine Hemmung der intrakutanen Anreicherung von ros und peroxidierter Lipide.

In Fibroblasten und Keratinozyten unterdrückt der Extrakt außerdem die

uv-induzierte Expression von Matrix- Metalloprotease-1, einem Schlüsselregulator

der Hautalterung. Darüber hinaus besitzt der Extrakt von Pseudopodium

leucotomus Eigenschaften auf die so genannte Th1/Th2-Balance, die die Entzündungsantwort

orchestriert und auch bei verschiedenen Erkrankungen wie dem atopischen Ekzem verschoben ist. In einer kürzlich publizierten randomisierten kontrollierten Therapiestudie

von fünfzig Patienten mit Vitiligo vulgaris wurde nun die Wirkung einer

Kombination von uvb-Schmalband (zweimal pro Woche) und peroral verabreichtem

Pseudopodium leucotomus- Extrakt dreimal 250 mg pro Tag über 25

bis 26 Wochen von W. Westerhof und Mitarbeitern, Amsterdam, untersucht.

Signifikante Verbesserungen im Ausmaß der Repigmentierung zeigten sich

im Behandlungsarm der Patienten mit Einnahme des Farnkrautextraktes erst

nach Erreichen von achtzig Prozent der erforderlichen uv-Schmalband-

Sitzungen, und zwar im Gesichts- und Halsbereich, nicht jedoch in an den übrigen

befallenen Körperstellen inkl. der besonders hartnäckigen Akren. Die Effekte

von Pseudopodium leucotomus- Extrakt waren besonders akzentuiert bei

Patienten mit Hauttyp 2 und 3. Diese Studie belegt, dass der Extrakt von Pseudopodium

leucotomus die Effizienz einer uvb-Schmalbandtherapie bei ausgewählten

Vitiligopatienten erhöht, nicht aber die Repigmentierungsrate in den

klassischen Problemzonen wie Hand- und Fußrücken.

Literatur

Middelkamp-Hup, M., Bos, J., Rius-Diaz, F.,

Gonzalez, S. Westerhof W. Treatment of vitiligo

vulgaris with narrow-band uvb and oral Polypodium

leucotomos extract: a randomized

double-blind placebo-controlled study. J. Eur.

Acad. Dermatol. Venereol. 2007; 21: 942–950

Quelle : Deutscher Vitiligo  Verein e.V.

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